top of page

Bewegende Worte von Bernhard Langer


Jeder von uns hat seine Rituale - ich natürlich auch.

Eines meiner Rituale ist, dass es kein Sonntagsfrühstück ohne 'Welt am Sonntag' gibt. Ich hole sie morgens gegen acht Uhr bei 'meiner' Zeitungsfrau. Sie kommt aus Indien, sie steht bei Wind und Wetter an der Ecke Waitzstraße. Wir halten immer einen Schwatz, und selbstverständlich zeige ich mich großzügig. 'Meine' Zeitungsfrau spart, denn sie möchte so gern mal wieder ihre Tochter in Indien besuchen. Und ihr Enkelkind möchte sie sehen...

In der aktuellsten Ausgabe der 'Welt am Sonntag' finde ich ein bemerkenswertes Interview mit Deutschlands seit Jahrzehnten bestem Golfer, mit Bernhard Langer. Mein geschätzter Kollege Stefan Frommann hat mit Bernhard Langer gesprochen.

Eine Passage hat mich besonders beeindruckt - nämlich diese:


Bevor Sie Golfprofi wurden, haben Sie als Caddie fünf Mark für eine Runde bekommen, das war auf die Zeit umgrechnet etwas mehr als eine Mark pro Stunde. Erzählen Sie Ihren Kindern davon?

Bernhard Langer: "Ab und zu erzähle ich gewisse Geschichten. Ja, vor allem die von meinen Eltern, bei denen es noch viel schlimmer war als bei mir. Da gibt es einige storys, die - wenn man sich das heute so überlegt - schon ziemlich verrückt sind."

Erzählen Sie mir eine

"Meine Mutter konnte ab einem gewissen Alter nicht mehr in die Schule gehen, weil daheim nicht genug Essen auf dem Tisch war. Sie musste schon mit zwölf Jahren arbeiten. Ein Fahrrad hatte sie nicht, also lief sie eine Stunde durch den Wald in eine andere Ortschaft, wo sie auf einem Bauernhof acht, zehn, ja bis zu zwölf Stunden lang gearbeitet hat, um dann wieder eine Stunde zurückzulaufen. Allein in der Dunkelheit. Geld bekam sie dafür nicht, sie bekam zwei Mahlzeiten. Es gab keine andere Wahl."

Mich haben diese Worte von Bernhard Langer sehr berührt. Wir wissen alle; Er ist längst Multimillionär. Er hat alle Golfturniere gewonnen, die man gewinnen kann. Nachdem er 1976 seine Golfkarriere startete, siegte er zweimal sogar beim Masters in Augusta , das war 1985 und 1993. 1986 wurde er die Nummer eins der Weltrangliste. Fünfmal hat er im Ryder Cup für Europa gespielt, einmal sogar als siegreicher Kapitän. Seit 2007 spielt er auf der Champions Tour, der Serie für Senioren. Da wurde er seitdem achtmal als deren bester Spieler ausgezeichnet.

Irgendwie stand meine eigene Kindheit vor mir, als ich Bernhard Langer Gedanken las...

Ich war kein Caddie, der fünf Mark für eine Runde bekam.

Ich habe in den Herbstferien (auch Kartoffelferien genannt) bei den Bauern Kartoffeln gesammelt: fünf Mark für den Nachmittag, pro Stunde eine Mark. Jeden Tag, an dem ich nach dem Kartoffelsammeln nach Hause fuhr, tat mir der Rücken weh, aber ich hatte fünf Mark in meiner Hand. Fünf Mark, die ich meiner Mutter gab. Sie nahm mich in den Arm ... und war genauso glücklich wie ich, dass wir wieder Geld hatten, um Aufschnitt zu kaufen. Dann kauften wir Jagdwurst ... mal keine Zwiebeln und Salz auf dem Margarinebrot.

Aber ich habe auch gespart, und zwar für ein Fahrrad.

Als ich das Geld zusammen hatte, kaufte ich mir das Rad. Und endlich, endlich war mein Geldverdienen jetzt nicht nur auf die Herbstferien beschränkt. Nicht nur bücken und Kartoffeln sammeln, was heute kein Mensch mehr macht. Maschinen erledigen längst meinen Job von damals.

Mit dem Rad als Background bekam ich den Job als Zeitungsausträger. Ich versorgte 'meine' Stadt Bad Segeberg mit 'Weltbild', 'Quick' und 'Kicker'. Jeden Tag kurvte ich sechs bis acht Kilometer durch die Stadt.

So isses, jeder hat seine Geschichte.

Bei mir hat sie u.a. dazu geführt, dass ich so schnell keinen Ball verloren gebe, den ich in die Wicken geschossen habe...

Kartoffelsammeln prägt...Caddiesein prägt, Armut hat Vorteile...sie fördert den 'Biss' fürs Leben!

PS: Manchmal denke ich, wir haben so wenig wirklich erfolgreiche Golfer wie Bernhard Langer, weil die ersten Sponsoren mit ihren Audis, BWM's und Mercedessen um die Ecke biegen und junge Spieler mit lukrativen Verträgen verwöhnen, wenn sie jemanden gefunden haben, der den kleinen weißen Ball 250 Meter geradeaus driven kann...

Aber bekanntlich (und natürlich kann ich mir ein gewisses Augenzwinkern nicht verkneifen...) ist Länge nicht alles im Leben!


Empfohlene Einträge
Aktuelle Einträge
Archiv
Schlagwörter
Folgt uns!
  • Facebook Basic Square
  • Twitter Basic Square
bottom of page