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CORONA: Was will die Natur uns sagen?

Gastkommentar von Katrin Reichelt

Löwen spazieren im Krüger Nationalpark gemächlich über verwaiste Golfplätze. Durch die einst verdreckten Kanäle Venedigs fließt plötzlich kristallklares Wasser. In den Creeks von Dubai tummeln sich Scharen riesiger Rochen, die einfach vom Meer bis hinein in die Stadt schwimmen. Der Himmel strahlt in makellosem Blau, die Straßen sind frei wie zuletzt während der Ölkrise der 70er.

DIE DEMONSTRATION DES UNDENKBAREN Es könnte atemberaubend schön sein. Doch das ist es nicht. Als Greta Thunberg weltweite Demonstrationen für das Überleben unseres Planeten anführte, hätte sie sich vermutlich nicht vorstellen können, dass nur wenige Wochen später ihr größter Helfer Corona heißt: SARS Covid-19. Wie nichts zuvor macht dieses potenziell tödliche Virus klar, wer die Hosen anhat. Dass wir alle mit allem verbunden sind, und dass dieses Virus, bei einem einzigen Menschen ausgebrochen, Konsequenzen für alle anderen Menschen auf der Erde hat… in Industriestaaten ebenso wie bei den Urvölkern Südamerikas.

DAS nenn ich eine beeindruckende Demonstration des Schmetterlingseffekts. Er besagt, dass, wenn an einem Ende der Welt ein Schmetterling mit den Flügeln schlägt, dies am anderen Ende der Welt einen Tsunami auslösen kann. And here we are.

WELCHE ROLLE SPIELEN UMWELTEINFLÜSSE? Ich frage mich, inwieweit unsere Art zu leben den Boden bereitet hat, dass dieses Covid-19-Virus eine solche Verwüstung anrichten kann. Warum es sich so überwiegend in den Industriestaaten austobt. Inwieweit Luft, Wasserqualität, der übersteigerte Einsatz von Antibiotika, unsere Ernährung oder die Genmanipulation derselben den Virenteppich ausgerollt haben, so dass unser Immunsystem nun keine Antwort mehr zu finden scheint, die trägt. Die Fledermaus in China, von Menschen verspeist… ist sie wirklich die allein Schuldige? Oder sind wir Menschen, egal in welcher Kultur, einfach nicht (mehr) in der Lage, in globalen Zusammenhängen zu denken? Das zu lassen, womit wir schlechte Erfahrungen gesammelt haben? Das zu tun, was Gutes in sich trägt? Fehlt uns die Vorstellungskraft, dass alles, was wir tun oder nicht tun, IMMER eine Folge hat? AKTIONISMUS STATT GESUNDEM MENSCHENVERSTAND Nach wochenlangem, staatlich verordnetem Shut down gehen die Türen langsam wieder auf. Der glasglockenartige Stillstand hat Millionen Menschen ihre Existenz und ihren Arbeitsplatz gekostet. Und ich verstehe nicht: Was ist jetzt anders?!? Ein Infizierter Mensch hat gereicht, um die ganze Welt anzustecken. Millionen Infizierte laufen weiterhin herum und wissen es nicht einmal. Die Kette der sinnentleerten Entscheidungen ist endlos. Ich darf in einem Zug sitzen, aber nicht auf einer Parkbank im Freien. Ich darf mit Kollegen im Büro sitzen, aber nicht mit ihnen draußen joggen. Ein 800 qm-Geschäft darf öffnen, aber keins mit 801 qm. Ist nur auf diesem extra Quadratmeter das Corona-Virus zu finden? Ich soll eine Maske tragen – aber es gibt keine Masken. Die Maske schützt andere vor mir, aber nicht mich vor anderen. Kleidergeschäfte, in denen Menschen bekanntlich Kleider, die vorher andere anhatten, anprobieren, sind geöffnet, aber Friseure geschlossen wegen der Kontaktnähe. Kindergärten sind zu, Schulen werden geöffnet. Radfahren ja, Motorradfahren? Nein.

Ostern durften wir uns in kleinen Einheiten besuchen. Am Tag nach Ostern nicht. Der Urlaub fällt aus, das Oktoberfest fällt aus, Menschen dürfen in ihrem eigenen Auto nicht in ihre eigene Ferienwohnung an der See fahren. Wer soll das begreifen? WELCHEN PREIS WOLLEN WIR ZAHLEN? All das ist Ausdruck einer unsagbaren Hilflosigkeit, die im Grunde weiß: Wenn wir als Menschen (wieder) von der Kette gelassen werden, kommt Corona mit voller Wucht (und schlimmer) zurück. Viele Leben sind im Moment gerettet, aber ungleich mehr Existenzen vernichtet. Und ohne die kann man genauso wenig atmen wie mit Corona. Die Bedingungen unter der Glasglocke sind keine Echtzeitbedingungen. Sie sagen null Prozent darüber, wo wir ohne Glasglocke hingeraten werden. Sie sind eine komplette Illusion. Wir haben bis heute nicht die geringste Vorstellung davon, wie viele Menschen tatsächlich infiziert sind. Alle Menschen zu testen, hätte weitaus weniger gekostet als all die Maßnahmen und Billionnhilfen, die nun in alle Richtungen fließen. Flächendeckende Tests wären die Grundlage schlechthin, um überhaupt politische oder medizinische Entscheidungen treffen zu können, die irgendeinen Sinn ergeben.


Würde ich an Corona sterben wollen, unter diesen menschlich so unbegreifbar tragischen und qualvollen Umständen, allein? Ganz sicher nicht. Die Vorstellung, jemand anderen anzustecken und alle um ihn herum zu gefährden, Kinder womöglich, finde ich dennoch weitaus schlimmer als die Vorstellung, dass Corona mich mein eigenes Leben kostet.


Aber bin ich nun davor bewahrt? Ganz sicher nicht. Das einzige, was ich sicher weiß, ist dass ich mit Millionen anderer Menschen allein in Deutschland um meine wirtschaftliche Existenz bange und damit in die zweite Runde Corona mit einem Stresslevel gehe, das ich nie zuvor kannte. Und die einzig tröstliche Vorstellung dabei ist, dass die Natur nun vielleicht eine bessere Chance hat, sich zurückzuholen, was wir Menschen ihr so selbstverständlich genommen haben.


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