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Totentanz in Texas...warum ich nach einer Stunde Golfgucken ins Bett ging...!

Ich hatte mich so sehr darauf gefreut!

Es geht wieder los! Golf bei Sky! Das ist immer etwas Besonderes - und für mich der einzige Grund, ein Sky-Abo zu haben.

Startschuss auf der PGA-Tour - die Charles Schwab Challenge auf dem Colonial CC im sonnigen texanischen Fort Worth. Das Preisgeld nicht so schlecht: insgesamt 7,3 Millionen Dollar, davon 1,75 Millionen Dollar für den Sieger. Die Weltelite am Start - Jordan Spieth und Xander Schauffele, Justin Thomas und Bubba Watson, Bryan DeChambeau...aus Deutschland der in Florida lebende Ausnahmegolfer Bernhard Langer!


Der Mix stimmte. Ich konnte mich also beruhigt zurücklehnen und mich nach der monatelangen Golf-Guck-Abstinenz auf spannende Abendstunden freuen!

Denkste - ich war früher im Bett als ich mir das hätte vorstellen können! Genau gesagt, nach einer Stunde Golfgucken fielen mir die Augen zu...

Und das lag nicht an den Schlägen, die ich gesehen habe! Die Drives - alle ausnahmslos weiter als meine. Die Annäherungen - alle präziser als meine. Jeder Bunkerschlag am Stock - im Unterschied zu meinen, die schon mal quer über das Grün fegen. ("Hallo Taxi"). Die Putts - alle fielen besser als meine.

Es war nicht das Spiel als solches, das mich so ermüdete.

Es war das Drumherum! Die seelenlose Atmosphäre...die gespenstische Ruhe auf dem Platz, die Totenstille. Ein bißchen wie Friedhof. Nur ohne Glockengeläut...

Und es waren die Augen der Spieler! Müde, matte, tote Augen in Texas. Kein Glanz, kein Leuchten, keine Faszination. Alles irgendwie blutleer - ich kann mich nicht einmal an irgendeine geballte Faust nach einem supergeilen Putt erinnern. Dabei gab es durchaus supergeile Putts, die eine geballte Faust und ein Abklatschen zwischen Spieler und Caddy verdient hätten.

Es ist einfach alles anders.

Ich will es mal auf den Punkt bringen:

Das ist Geister-Golf, das ist TOTENTANZ IN TEXAS!

So etwas hat Gründe!

Die Spieler haben (natürlich) strenge Hygieneregeln zu befolgen. Das bedeutet: Sie müssen sich nach jeder Bahn, vor jedem nächsten Abschlag, die Hände desinfizieren. Die Kameras sind Zeugen, ob das auch wirklich passiert...! Vor Beginn der Challenge mussten die Golf-Superstars alle negativ getestet sein, und vor jeder weiteren Runde muss neu getestet werden.

Die Caddys müssen den Flaggenstock und den Rechen nach jeder Berührung desinfizieren. Ansonsten dürfen sie ihren Spielern nicht zu sehr auf den Leib rücken - maximal 1,80 Meter. Und - sie dürfen dem Spieler die Tasche zwar hinstellen, aber sie dürfen ihm keinen Schläger anreichen. Den muss er sich höchstpersönlich aus dem Bag ziehen...und wieder reinstecken.

Beratung? Ja, die ist erlaubt - aber natürlich auf Distanz! Die Schlägerwahl wird nicht zugeflüstert, sondern zugerufen.

Wenn wir schon über Kontakt reden! Alle Spieler wohnen in einem ausgewähten Hotel, natürlich ist Mundschutz Vorschrift in dem Haus. Gegessen wird jeweils auf dem eigenen Zimmer (oder in der Suite) - manche Spieler haben sich eine eigene Villa für die Golfwoche gemietet. Aber nur unter der PGA-Bedingung, dass sie einen eigenen Koch engagieren, der natürlich negativ getestet ist und mit Mundschutz in der Küche steht...

So mancher Spieler ist aus Europa erst gar nicht angereist. Sie hätten vor dem ersten Drive in Texas eine Woche in US-Quarantäne gemußt...und nach der Challenge wieder. Da ist so mancher lieber bei seiner Frau und seinen Kindern zu Hause in Europa geblieben - Lee Westwood ist nur einer von ihnen.

Aber das Allerbitterste - es sind keine Zuschauer auf diesem traumhaften Golfareal in Fort Worth. Kein Raunen, kein Stöhnen, kein Aufatmen, kein Applaus, kein Gedrängel um den besten Platz am Tee, kein Dazwischengerufe. Keine Tribünen, keine VIP-Zelte. Keine Groupies, die mit ihren kurzen Röckchen oder engen Hosen die Profis hoffnungsvoll begleiten, keine interessanten Männergesichter, denen Reichtum oder Golferfahrung oder beides regelrecht ins Gesicht geschnitzt ist. Kein Abklatschen zwischen Spieler und Caddy - ich wiederhole mich: Totentanz in Texas.

Und dann die Sprecherkabine. Normalerweise sitzt da einer dieser wirklich profilierten Golf-Moderatoren - an seiner Seite Nick Faldo, der im Golfen nun alles gewonnen hat, was man gewinnen kann. Bei der Charles Schwab Challenge sitzt der Moderator irgendwo am Ende des Platzes mutterseelenallein mit seiner Technik in seiner Kabine...und ein paar tausend Kilometer entfernt - in einer anderen Sprecherkabine - hockt Nick Faldo mit seinen Kopfhörern. Und sagt, was er zu sagen hat. Sachkundig, fachkundig, klar. Aber kein Charme, keine Frozzelei, keine ironische Besserwisserei zwischen Moderator und Faldo. Nick Faldo ist im wahrsten Sinne des Wortes weit weg vom coronafreien Golf-Geschehen.

So isses.

Ich hätte nie gedacht, dass mich Golf auf Sky jemals so langweilen könnte.

Da hätte ich mir natürlich zumindest einen Sprecher gewünscht, der sich nicht anstecken läßt von dieser seelenlosen Veranstaltung, sondern einen, der am ersten sehnsüchtig erwarteten Golfabend nach Corona ein rhetorisches Brillantfeuerwerk abbrennt und mich damit vom vorzeitigen Weg ins Bett abhält.

Nix da.

Das Ganze hat natürlich auch eine gute Nachricht, und die lautet:

ICH WAR FRÜH IM BETT UND HABE MAL WIEDER GUT GESCHLAFEN!







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